Integration von EBA-Leitlinien in MaRisk: Stärkung der risikobewussten Kreditvergabe und interner Governance
Am 29.06.2023 hat die Bafin die inzwischen 7. Novelle des seit 2005 bestehenden Rahmenwerks „Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk“ veröffentlicht. Wir fassen für Sie die Inhalte kurz zusammen:
Wesentliche Inhalte der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) werden in die MaRisk, z. T. als Verweise auf die Leitlinien selbst unter Wahrung der Proportionalität, übernommen. Dies beinhaltet u. a.
- Anforderungen an eine risikobewusstere Kreditvergabe
- Interne Governance für die Kreditvergabe und Überwachung mit Themen wie dem Management der Kreditrisiken, der Strategie, dem Risikoappetit, der Risikokultur und der Limitierung, jeweils bezogen auf das Kreditrisiko und die Kreditentscheidungsprozesse
- Überwachung des Verhaltens der Mitarbeiter (Einhaltung des Verhaltenskodex)
- Vermeidung von Interessenkonflikten bei Kreditentscheidungen (Präzisierung sog. „Golfplatzgeschäfte“)
- Verfahren zur Kreditvergabe differenziert nach Kreditnehmer und Finanzierungsart mit Verweis auf die Leitlinie
Anpassungen für eine zukunftsfähige Kreditvergabe und Risikomanagement
Mit Vorgriff auf die Verabschiedung der CRD VI (Capital Requirements Directive) werden in der 7. MaRisk-Novelle bereits die wesentlichen europäischen Regelungen zur Integration der ESG-Risiken als vollwertige Risikokategorie in die Kreditvergabe und in das Risikomanagement national umgesetzt. Die Institute werden aufgefordert, sog. ESG-Scores in die Bonitätsprüfung ihrer Kreditnehmer einzubeziehen und sich dabei auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu stützen, anstatt eigene Klimamodelle zu entwickeln. Vorrangig umzusetzender Teil der ESG-Risiken sind dabei die Umweltrisiken, hier insbesondere die Klimarisiken.
Für die Anwendung von Modellen für die im Rahmen der MaRisk beschriebenen Prozesse, z. B. bei Anwendung technologiegestützter Innovationen für Zwecke der Kreditvergabe oder den Einsatz automatisierter Modelle für die Kreditwürdigkeitsprüfung und Kreditentscheidungen, wird ein neuer Abschnitt in den allgemeinen Regelungen eingeführt, der die Institute in die Pflicht nimmt, diese Modelle, auch bei Verwendung künstlicher Intelligenz, zu verstehen, zu prüfen, zu steuern und sorgfältig zu dokumentieren. Explizit ausgenommen sind die im Rahmen der CRR (Capital Requirements Regulation) verwendeten Modelle.
Aufgrund der Ausweitung des Immobiliengeschäfts im Sinne der Anschaffung eigener Immobilien zur Ertragsgenerierung wurde in die MaRisk ein neues Modul mit Mindestanforderungen an das Immobiliengeschäft der Institute eingeführt. Im neuen Modul BTO 3 sind schlanke, prinzipienbasierte Regelungen für die Aufbauorganisation und die Prozesse vorgesehen, die gemäß dem Proportionalitätsprinzip erst nach Überschreiten bestimmter Schwellenwerte anzuwenden sind.
Weitere Anpassungen der MaRisk betreffen u. a.:
- Analyse und regelmäßige Überprüfung des Geschäftsmodells und Einführung einer neuen Berichterstattung zur Geschäftslage des Instituts
- Klarstellungen zur risikoorientierten Bepreisung von Krediten
- Regelungen zum Handel im Homeoffice
- Präzisierung der Sonderbehandlung von Wohnimmobilienförderkrediten (Ausnahme gemäß Wohnimmobilienkreditrichtlinie)
- Regelungen für bedeutende Förderbanken
Grundsätzlich sind die MaRisk ab Veröffentlichungszeitpunkt anzuwenden. Für neue Regelungen, wie z. B. die Beurteilung von Modellrisiken oder die Quantifizierung der ESG-Risiken und Berücksichtigung der Anforderungen für das Immobiliengeschäft der Institute gilt ein Übergangszeitraum bis zum 01.01.2024.
Die 7. MaRisk-Novelle löst die vorherigen Mindestanforderungen an das Risikomanagement knapp zwei Jahre nach deren Inkrafttreten ab und spiegelt damit die dynamische Entwicklung regulatorischer Vorgaben wider. Wie im vorherigen Abschnitt bereits deutlich wurde, umfasst die 7. MaRisk-Novelle umfangreiche Neuregelungen, die eine differenzierte Auseinandersetzung mit Kreditvergabeprozessen und dem Risikomanagement erfordern. Gleichzeitig wird auch die zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien sowie die damit verbundene Berücksichtigung von nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen umfassend thematisiert, wobei eine Definition konkreter qualitativer und quantitativer Standards aussteht. Die genannten Aspekte sind außerdem jeweils im Zusammenhang mit den genannten EBA-Leitlinien sowie mit anderen Vorschriften, wie z.B. mit CRR III und CRD VI zu betrachten und bringen je nach Art des Instituts und Geschäftsmodells Herausforderungen mit sich, bei deren Bewältigung wir Sie gerne unterstützen.